Plastik-Stahl-Experte Hannes Kilian im Interview
Plastik-Stahl von WEICON gibt es schon fast so lange, wie unser Klebstoffunternehmen selbst. Während sich der vielseitige Werkstoff in der Industrie unter Fachleuten längst etabliert hat und als verschleißfeste Beschichtung geschätzt wird, wirft er gerade bei Laien zunächst noch viele Fragen auf: „Ein Stahl aus Plastik, wie soll das denn funktionieren? Wozu soll das gut sein?“. Auf der Suche nach Antworten haben wir mit unserem Kollegen und Plastik-Stahl-Experten Hannes Kilian gesprochen.
Hannes, magst du dich und deine Position bei WEICON kurz vorstellen?
Ich bin Hannes Kilian und arbeite seit Anfang 2020 für WEICON als Business Developer in Dubai.
Was genau sind deine Aufgaben?
Mich erreichen täglich Anrufe von WEICON Außendienstlern aus der ganzen Welt, die potenzielle Plastik-Stahl-Anwendungen für ihre Kundinnen und Kunden mit mir besprechen. Ich berate sie dann zu den passenden Produkten für die geplante Reparatur und berechne die benötigte Materialmenge.
Hier in Dubai fahre ich auch selbst zu den Kundinnen und Kunden, berate sie zu den Einsatzmöglichkeiten von Plastik-Stahl in ihren Firmen und betreue die Anwendungen vor Ort. Dann bin ich nicht nur für die Theorie zuständig, sondern packe auch richtig selbst mit an.
Und eines kann ich bestätigen: Plastik-Stahl klebt wirklich super, nur leider auch oft an meinen guten Klamotten. Aber das gehört dazu!
Dann könnte man dich als echten “Plastik-Stahl-Experten” bezeichnen?
Ich denke, ja. Meine tägliche Arbeit dreht sich fast ausschließlich um das Thema Plastik-Stahl. Seit Ewigkeiten – auch durch eine vorherige Selbstständigkeit, verschiedene Produkttrainings und -tests – setze ich mich mit den Technologien von Plastik-Stahl auseinander. Dadurch habe ich viel Expertenwissen anhäufen können.
Zweite Chance für Verschleißteile
Ganz allgemein, was ist Plastik-Stahl?
Plastik-Stahl ist eine Hilfe zur Aufarbeitung von Beschädigungen an Stahlplatten, Rohren und vielen anderen Verschleißteilen in der Industrie. Dabei kann es sich – je nach Art des Plastik-Stahls – um einen stahl-, aluminium- oder keramikgefüllten Klebstoff handeln.
WEICON Plastik-Stahl ist ein 2-komponentiges Epoxidharz-System, das heißt, er besteht aus einer Harz- und einer Härter-Komponente. Nach dem Vermischen beider Komponenten erhärtet Plastik-Stahl durch Exothermie zu einer abriebfesten Oberfläche.
In welchen Branchen und für welche Anwendungen kommt Plastik-Stahl zum Einsatz?
Die Anwendung von Plastik-Stahl ist in allen Bereichen der Industrie denkbar. Vom Maschinenbau über den Marine- und Binnenschifffahrtsbereich bis hin zur Automobilindustrie – mit Plastik-Stahl geht Einiges!
Stark beanspruchte und verschlissene Industrieteile können ausgebessert und repariert werden. Zum Beispiel wird er zur Beschichtung, Abdichtung und Aufarbeitung von Industriepumpen, Rohren, Tanks oder Maschinenteilen verwendet. Eine Plastik-Stahl Beschichtung bietet einen sehr guten Verschleißschutz für Industrieteile, auch bei zukünftigen Belastungen.
Gibt es einen Plastik-Stahl „Allrounder“, der für alle Anwendungen eingesetzt werden kann?
Nein, es gibt mehrere Produktvariationen für Plastik-Stahl. Die Produkte unterscheiden sich nach ihrer Viskosität und ihrem Füllstoff. Des Weiteren unterscheiden sie sich in Bezug auf Temperatur und Chemikalienbeständigkeit. Bei der Auswahl des richtigen Produkts kommt es auf die Wünsche und das Anwendungsgebiet der Kundinnen und Kunden an.Wenn Arbeiten über Kopf ausgeführt werden müssen, dann kommt zum Beispiel nur ein hochviskoser Plastik-Stahl-Typ in Frage. Dieser tropft und verläuft nicht. Zweitens muss man vermeiden, dass bestimmte Stoffe miteinander reagieren. Zum Beispiel kann ein stahlgefülltes Epoxid nicht auf eine Edelstahloberfläche aufgetragen werden, da dies zu einer Bimetall-Korrosion führen würde. Der Plastik-Stahl würde in diesem Fall seine Haftung verlieren. Deshalb gibt es verschiedene Arten Plastik-Stahl, die die individuellen Anforderungen der unterschiedlichen Produktanwendungen abdecken.
Was sind die Vorteile von Plastik-Stahl?
Wenn ein Teil kaputt geht, dann muss man sich zwischen einer Neuanschaffung oder einer Reparatur entscheiden. Wenn man etwas ersetzen will, dann muss das neue Teil zunächst aufwendig hergestellt werden. Der Guss einer neuen Pumpe kann beispielsweise bis zu zwei Jahre dauern. Manchmal ist es jedoch auch gar nicht möglich, Verschleißteile auszutauschen – etwa, wenn sie fest in Beton integriert sind. Eine Neuanschaffung kann also schnell sehr aufwendig und teuer werden.
Genau hier zeigt sich der größte Vorteil des Einsatzes von Plastik-Stahl: Alten Verschleißteilen wird neues Leben eingehaucht, indem sie aufgearbeitet und neu beschichtet werden. So muss eine stark durch natürlichen Abrieb beanspruchte Stahlplatte nicht ständig ausgetauscht werden, sondern kann, über Jahre hinweg, immer wieder neu mit einer verschleißfesten Beschichtung aus Plastik-Stahl versehen werden. In Sachen Kosteneffizienz und Aufwand schlägt die Reparatur mit Plastik-Stahl ganz klar die Neuanschaffung.
Außer Konkurrenz
Gibt es andere Reparaturmaßnahmen, die Plastik-Stahl das Wasser reichen können?
Für die Anwendung als verschleißfeste Beschichtung gibt es eigentlich keine vergleichbaren Reparaturmaßnahmen, die an die Leistungen von Plastik-Stahl herankommen. Wenn beispielsweise Stahlteile defekt sind, dann wäre theoretisch auch eine Reparatur durch Schweißen denkbar. Jedoch ist der Einsatz thermischer Energie in bestimmten Industriezweigen oft zu gefährlich oder problematisch. Beispielsweise kann beim Schweißen ein Verzug entstehen, der bewirkt, dass die Bauteile nicht mehr richtig zusammenpassen. Gussteile kann man im Übrigen gar nicht oder nur sehr schwer schweißen. Da kommt Plastik-Stahl ins Spiel, denn mit diesem ist eine „kalte“ Reparatur – auch in sensiblen Industriebereichen – möglich. Das gibt es so kein zweites Mal.
Wie langlebig ist die verschleißfeste Beschichtung mit Plastik-Stahl?
Wettereinflüsse, Temperaturschwankungen, die Art der Beanspruchung und der Kontakt mit unterschiedlichen Stoffen spielen dabei eine Rolle. Deshalb entscheidet sich die Haltbarkeit einer Reparatur mit Plastik-Stahl immer individuell. In der Regel kann die verschleißfeste Beschichtung aber einen Zeitraum von drei bis zehn Jahren, in einigen Fällen sogar 15 bis 20 Jahren überdauern. Dadurch, dass bei WEICON im Bereich Plastik-Stahl Zwei-Schicht-Systeme zum Einsatz kommen, können Beschichtungen immer rechtzeitig ausgebessert werden, sobald sich die erste Schicht langsam wieder abgenutzt hat. Anstatt nach beispielsweise sechs Jahren die komplette Plastik-Stahl-Beschichtung zu erneuern, kann auch schon nach ein bis zwei Jahren nur die Deckschicht korrigiert werden. So bleiben Kosten und Aufwand wieder gering und die Reparatur haltbar
Erklärungsbedürftige Produkte
Was ist die Herausforderung in deinem Job?
Nicht selten kommt es vor, dass auftraggebende Kundinnen und Kunden noch nie etwas von Plastik-Stahl gehört haben. Dann geht es darum, sie erstmal an die Hand zu nehmen und die Vorteile der Reparatur mit Plastik-Stahl näher zu bringen.
Es ist dann meine Aufgabe, die geeignete Reparaturmöglichkeit für die Anwendung zu ermitteln und geeignete Produkte zu empfehlen. Das ist nicht immer einfach, da viele der Produkte sehr erklärungsbedürftig sind.
Kann die Anwendung von Plastik-Stahl auch richtig schieflaufen?
Auf jeden Fall. So gut wie es laufen kann, so schief kann es auch gehen. Es ist wichtig, den Produkteinsatz genau vorzuplanen. Das heißt, ich muss bereits im Vorfeld genau wissen, welchen Temperaturen, Chemikalien und Witterungseinflüssen das zu reparierende Teil ausgesetzt ist. Nur so kann ich den richtigen Plastik-Stahl für die Anwendung ermitteln und unseren Kundinnen und Kunden auch zur passenden Oberflächenvorbehandlung des Teils beraten, die allein schon 90 Prozent der Anwendung ausmacht. Das intensive Vorgespräch und die Kommunikation mit unseren Auftraggeberinnen und -gebern sind also für den Erfolg der Plastik-Stahl-Anwendung sehr wichtig.
Plastik-Stahl im Einsatz
In Ecuador wurde eine Erdölpipeline mit unserem Plastik-Stahl WEICON HB 300 von Korrosionsschäden und Verschleißerscheinungen befreit. Hier geht’s zum Artikel.
Verfasst von Gastautorin Lina Stoffer – Werkstudentin Public Relations